Wir bilden unser Dorf

Schon in der ersten Stunde des Geburtsvorbereitungskurses hat Gina, die Hebamme, uns gelehrt, wie wichtig es ist, schon von der Geburt ein Dorf zu bilden. Gina kommt von den Philippinen und hat 11 Geschwister. Wann immer also jemand Hilfe brauchte, war nicht nur die Familie da, sondern auch alle Dorfmitglieder. Und auch in unseren Breitengraden kann es nicht schaden, die Nachbarn zu kennen, um sie dann gegebenenfalls um Hilfe zu bitten.
Wir sollen also schon früh anfangen, alle zu grüßen und entsprechend mit Aufmerksamkeiten dafür zu sorgen, dass sie sich auch um uns sorgen würden, wenn mal Mehl ausgeht oder man Hilfe beim Tragen von Einkaufstüten braucht. Für uns emanzipierten Stadtmädels, die alle vorausschauend planen und weswegen uns nie das Mehl ausgehen würde und die so eigenständig ihr Leben meistern und lieber die schwerste Kiste die Treppe hinaufschleifen, als Hilfe anzunehmen, erscheint diese Aussage erstmal etwas fremd. Aber da wir den Satz die kommenden sieben Wochen jedes Mal hören werden, bleibt er bei uns allen hängen.
Wir alle sind höflich und grüßen unsere Nachbarn schon immer. Falls sich die Gelegenheit bietet, nehmen wir immer ein Päckchen an, wenn der Nachbar nicht da ist - denn vielleicht sind wir beim nächsten Mal nicht da, aber erwarten sehnsüchtigst ein Päckchen. Unser Nachbar-Karma ist also schon recht gut.
Und doch sind wir alle dabei, das noch zu verbessern. Während andere JGA-Partyüberbleibsel wie Luftballons und Muffins an die Nachbarkinder verteilen, bereiten wir ein kleines Präsent für unsere Nachbarn vor, das wir an die Wohnungstüren hängen, sobald Henry hier Quartier bezieht. Schokolade ist bestimmt ein guter Weg, ein Dorf zu bilden. Und die Nerven von eventuell nächtlichen Ruhestörungen zu beruhigen.

Der heutige Arzttermin hat gezeigt, dass immer noch alles bestens ist. Henry wiegt 3300g und alles bereitet sich auf die Geburt vor, auch wenn es noch ein wenig dauern kann. Henry ist zwar immer noch 2 Wochen seiner Entwicklung voraus, aber das hat nicht zu heißen, dass er auch früher kommt. Denn es könnte auch sein, dass er einfach ein großes Kind wird. Auf die Frage, ob wir Weihnachten noch zu unseren Familien fahren können, bekam ich nur die Antwort, dass es dort in der Nähe ja auch schöne Krankenhäuser gäbe. Es ist also alles möglich!
Daher bin ich sehr froh, dass ich es heute nochmal ins Büro geschafft habe und alle Lieben, die ich angetroffen habe, nochmal drücken konnte!
Morgen steht dann noch ein Erste-Hilfe-Kurse in der Elternschule an, damit wir auf alles vorbereitet sind von dem wir hoffen, dass wir es nie brauchen werden!

Und dann geht es doch tatsächlich schon an die Vorbereitungen fürs Weihnachtsessen. Wir haben ja vorsorglich einen kleinen Plastiktannenbaum geschmückt, der auch im Kreißsaal hübsch aussehen würde. Aber die schönste Weihnachtskugel hängt wohl noch ein paar Tage unter meinem Herzen!





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