Vom Nestbautrieb und Gelüsten



Die letzte Woche Schwangerschaft hat begonnen und ich bin sehr froh, dass sich Henry weder zu Weihnachten noch zur Silvesternacht auf den Weg gemacht hat. Nicht, dass es schlimm gewesen wäre, aussuchen kann man es sich ohnehin nicht, aber nun steigen die Chancen, dass zukünftige Kindergeburtstage auch mit Gästen gefeiert werden können, ohne dass diese auch andere Pläne haben könnten.

Nachdem also nun die 40. Woche angebrochen ist, übe ich mich in Ruhe und Entspannen, was außerhalb einer Yogamatte dann doch nochmal eine echt Herausforderung ist. Ich lese viel und habe auch schon vorsorglich die der Schwangerschaftsapp folgende Babyapp heruntergeladen, in der man ebenfalls alles mögliche festhalten und notieren kann. Ich bin gespannt, wie praktikabel diese im Alltag sein wird.
Ich versuche mir für den Tag wenig vorzunehmen und auch hier und da ein kleines Schläfchen einzubauen, wie von der Hebamme empfohlen, aber so wirklich klappen will das nicht. Dem entgegen steht nämlich der nun immer größer werdende Nestbautrieb. Obwohl in den letzten Wochen schon mehrfach erledigt, wird immer wieder die Babykleiderschublade beäugt, die Wiege neu bezogen, der Kinderwagen nochmal anders eingeräumt und auch der Kühlschrank muss dran glauben. Wie soll man sich denn mit diesen Hormonen ruhig aufs Sofa oder gar ins Bett legen? Nicht, dass ich es nicht versuchen würde, aber das Ergebnis war, dass ich mich anstatt ins Bett zu legen es neu bezogen und Wäsche gewaschen habe.. Und das Ausruhen ist in anderer Hinsicht ebenfalls nicht gut für mich. Denn wenn man so auf dem Sofa mit dem Handy in der Hand ausversehen auf eine Modekettenapp stößt und im Sale stöbert, landen - schwuppsdiwupps - tatsächlich irgendwie auf wundersame Weise noch mehr Babyklamotten im Warenkorb und wenige Tage später in der unsrigen Schublade. Ich fürchte, Henry hat bereits jetzt schon mehr Klamotten als Chris... also wenn man die Einzelstücke zählt.

Und auch sonst entstehen in diesen letzten Tagen unglaublich viele Gedanken, die ich ganz entspannt sehe, auch wenn es mich wundert, worüber man sich in dieser Phase so alles Gedanken machen kann. Nachdem überall steht, man solle sich aufs Wochenbett vorbereiten, habe ich das Gefühl, ich bin  nicht unbedingt "vorbereitet". Vorkochen ist bei uns nur bedingt sinnvoll, denn wo sollen wir das ganze Essen lagern? Also schule ich Chris kurzerhand in der Küche, damit er im Fall der Fälle loslegen kann. Er übt sich daher am Käsekuchenbacken, nicht unbedingt essentiell im Wochenbett, aber gut für alle Besucher ;) Und damit auch was Gesundes fürs Wochenbett bereitsteht, rolle ich fleißig eine Ladung Stillpralinen, sogenannte Lactation Bites, die als kleine Snacks für zwischendurch für eine gute Milch sorgen sollen.

Ich beschließe also, dem Nestbautrieb und seinen anhängenden Trieben nachzugeben.. immerhin sind diese ja auch ein Zeichen, dass es sich bald dem Schwangerschaftsende zuneigt. Und so langsam aber sicher ist das auch gut so. Denn so ein dicker Bauch ist nicht nur irgendwann im Weg (wobei dank Yoga noch vieles geht!), sondern scheint auch immer eine Einladung für Fremde zu sein, ein Gespräch zu beginnen. So wurde ich schön des öfteren von völlig Unbekannten in ein Gespräch verwickelt - und es waren immer ältere Herren - in der Straßenbahn, im Aufzug oder wie heute beim Einkaufen. Als mein heutiger Gesprächspartner erfuhr, dass es in einer Woche schon so weit sein könnte, zeigte er großes Erstaunen und lobte mich, dass ich noch tapfer wäre, einkaufen und überhaupt vor die Tür zu gehen. Die meisten würden da doch schon nur noch im Bett liegen. Auch wenn mir solche Situationen manchmal einfach nur unglaublich unangenehm sind, verabschiedete er sich dann doch sehr bald und gab mir eine Menge lieber Wünsche mit auf den Weg. Und was soll ich sagen, irgendwie war es ja dann doch herzlich und sicherlich gut gemeint, sodass ich entschlossen bin, seine Wünsche dankbar anzunehmen. Und ich sehe es als Vorbereitung darauf, dass einem mit Kind wahrscheinlich noch häufiger wildfremde Menschen etwas zu sagen haben.

Und auch unabhängig davon freue ich mich auch auf das nahende Ende, weil ich dann bald all das essen kann, was ich mir die letzten Monate brav verkniffen habe. Meine Liste steigt stetig: geräucherter Lachs, Sushi überhaupt, Mettwurst, Salami, ein schönes blutiges Steak, ein fünf-Minuten-Ei zum Frühstück, Mousse au Chocolat und Käse ohne Ende! Während sich die Gelüste innerhalb der Schwangerschaft bis auf die Anfangsphase und dem Verlangen nach Saurem in Grenzen gehalten haben, steigen sie dafür jetzt umso höher auf das, was man als Schwangere nicht essen sollte.
Aber ich freue mich nicht nur auf das Essen, sondern auch darauf, bald wieder auf dem Bauch schlafen zu können und meine Yogahosen ohne Bauchband zu tragen. Und sicher: am meisten freue ich mich am Ende der Schwangerschaft darauf Henry kennenzulernen!





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